Jahrelang beriet das Parlament eine Vorlage, welche den Steuerabzug für Drittbetreuungskosten von Kindern von heute 10’000 auf neu maximal 25’000 Franken erhöhen sollte. Die Überlegung dahinter: Bei Mittelstandsfamilien wird zusätzliches Erwerbseinkommen oft direkt wieder durch höhere Betreuungskosten und Steuern weggefressen, was gerade für gut ausgebildete Eltern den Anreiz reduziert, nach einer anfänglichen Reduktion ihr Arbeitspensum wieder zu erhöhen.
Dass das den Zielen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie der Nutzung des einheimischen Arbeitskräfte-Potenzials widerspricht und deshalb geändert werden muss, darüber waren sich alle einig. Die Lösung für dieses Problem hätte den Bund jährlich 10 Millionen Franken gekostet.
Der Last-Minute-Antrag
Während der Ratsdebatte reichte dann jedoch ein CVP-Nationalrat in buchstäblich letzter Sekunde einen Einzelantrag ein, der verlangte, dass auch der allgemeine Kinderabzug noch von heute 6’500 auf neu 10’000 Franken erhöht werden sollte. Anstatt 10 Millionen kostete die Vorlage damit plötzlich 370 Millionen Franken pro Jahr. Denn die rechte Mehrheit winkte den Antrag durch. Und das ohne jede Vernehmlassung oder sonstige Möglichkeit einer Stellungnahme von Kantonen oder Verbänden – ein völlig unübliches und politisch unredliches Vorgehen, welches die ursprüngliche Zielsetzung der Vorlage auf einen Schlag zunichte machte.
Denn die neue Vorlage, über die wir am 27. September abstimmen, ist kein familienpolitisches Anliegen mehr, sondern eine verdeckte Steuersubvention für die reichsten Familien. Nur gerade 6 Prozent aller Haushalte profitieren überhaupt davon. Und selbst für diese 6 Prozent fällt die Ersparnis kaum ins Gewicht: Ein Paar mit zwei Kindern und einem Einkommen von 200’000 Franken würde 267 Franken weniger Steuern bezahlen. Das deckt gerade mal die Gebühr für einen einzigen Tag in der Kinderkrippe. Bei einem Einkommen von einer Million wären es 960 Franken – oder ein halbes Gucci-Täschli.
Kaum jemand profitiert – wir alle zahlen
Während die reichsten 6 Prozent aller Haushalte also minim profitieren, gehen alle anderen leer aus – oder machen sogar rückwärts. Denn in der Summe kostet uns diese unnötige Subvention der Reichsten viel Geld: 370 Millionen Franken pro Jahr. Damit könnten wir die Tarife für die Kinderbetreuung senken. Oder die Krankenkassenprämien für alle Kinder halbieren. Das wäre wirkungsvolle Familienpolitik, von der alle etwas hätten – und nicht nur ein paar Wenige.
Diese Vorlage ist verantwortungslos und bewirkt das Gegenteil dessen, was sie ursprünglich erreichen sollte. Wird sie angenommen, fehlt uns das Geld für wirkungsvolle Familienpolitik und echte Steuerreformen – z.B. für die Individualbesteuerung, welche wir seit Jahrzehnten fordern. Dass ausgerechnet jene Parteien, die immer nach einer Steuererklärung auf dem Bierdeckel fordern, ständig neue Abzüge für irgendwas erfinden und Steuersubventionen für ihre Klientel durchsetzen, ist ohnehin ein Unding.
Stoppen wir diese sinnlose Steuersubvention für die Reichsten – mit einem deutlichen Nein zum Kinderabzugs-Bschiss!