Die Mieten in der Stadt Zürich haben sich in den letzten 25 Jahren fast verdoppelt. Am 24. November stimmen wir über mehrere wichtige wohnpolitische Vorlagen ab. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran erklärt, wieso eine Schwächung des Mietrechts die Mietzinsproblematik weiter verschärft und die Expansion des gemeinnützigen Wohnungsbaus so wichtig ist.
Frau Badran, die Immobilien-Lobby will in Bern mit verschiedenen Vorstössen das Mietrecht schwächen. Wieso sind Sie gegen die zwei Mietrechts-Vorlagen, über die wir am 24. November abstimmen?
Aus dem eigenen Zuhause rausgeworfen zu werden, ist ein Albtraum. Wer seine Wohnung verliert, verliert oft auch sein gewohntes Umfeld und seine soziale Einbettung in die Nachbarschaft und das Quartier. Doch genau das soll jetzt erleichtert werden. Diese beiden Rauswurf-Vorlagen zielen darauf ab, dass Mietenden einfacher gekündigt werden kann – um danach die Mieten und damit die Renditen zu erhöhen.
Wie haben sich die Mieten in den letzten Jahren denn entwickelt?
Die Mietpreise sind richtiggehend explodiert. In der Stadt Zürich haben sie sich in 25 Jahren fast verdoppelt. Der grosse Skandal dabei ist: Die Mieten hätten we- gen rekordtiefer Zinsen und tiefer Inflation eigentlich stark sinken müssen. Möglich wurde das vor allem, weil bei Wohnungswechseln die Mieten oft gesetzeswidrig erhöht wurden. Bei einem Ja zu den zwei Mietrechts-Vorlagen wird alles noch viel schlimmer.
Was ist an den Mietrechts-Vorlagen denn so schlimm?
Wird der Kündigungsschutz aufgeweicht, kurbelt das die Mietzinsspirale noch stärker an. Denn jeder Mieterwechsel bietet der Vermieterseite die Gelegenheit, den Mietzins anzuheben. Auch wenn das gesetzeswidrig ist. Kurz gesagt: Je mehr Mieterwechsel, desto höher die Mietpreise. Angesichts explodierender Mieten und immer weniger bezahlbarer Wohnungen den Kündigungsschutz anzugreifen, ist ein Affront und Teil eines perfiden Plans, unsere Kostenmiete mit Renditedeckel durch eine faktische Marktmiete zu ersetzen.
Was verlangen die beiden Vorlagen konkret?
Die erste Vorlage schwächt den Kündigungsschutz bei Eigenbedarf. Dabei ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf heute schon möglich. Dazu braucht es kein neues Gesetz. Die zweite Vorlage will das Recht auf Untervermietung einschränken. Davon sind hunderttausende WGs und ältere Menschen betroffen, die untermieten müssen, um in ihrer Wohnung bleiben zu können.
Wer profitiert von der Schwächung des Mietrechts?
Die Immobiliengesellschaften, welche in der Stadt Zürich immer mehr Liegenschaften aufkaufen. Die Immobilien-Lobby sucht neue Gründe, um einfacher kündigen zu können. Denn so können sie die Mieten einfacher erhöhen und ihre Renditen noch stärker steigern.
Was wäre denn die Lösung des Problems?
Um die Mietexplosion langfristig zu stoppen, gibt es nur einen Weg: Die Wohnungen müssen der Profitorientierung entzogen werden! Gemeinnützige Wohnungen von Genossenschaften, der Stadt und Stiftungen werden zur Kostenmiete vermietet und die Landwertsteigerungen bleiben im Volksvermögen. Das heisst, dass die Bewohner*innen mit ihrer Miete nur die Kosten von Land, Bau und Unterhalt bezahlen und niemand Gewinn mit dem Grundrecht Wohnen macht. Darum sind gemeinnützige Wohnungen im Durchschnitt um rund 50 Prozent günstiger als die von renditeorientierten Anbietern. Je mehr gemeinnützige Wohnungen, desto tiefer sind die Mieten. Und desto mehr Einnahmen hat die Stadt.
Das ist eine gute Überleitung zu den beiden Vorlagen, über die wir in der Stadt Zürich am 24. November abstimmen.
Genau. Die zwei Gegenvorschläge zur städtischen SP-Initiative «Bezahlbare Wohnungen für Zürich» sind ein wichtiges Massnahmenpaket im Kampf gegen die Expansion der Immobilienfirmen und zur Stärkung des gemeinnützigen Wohnungsbaus – also des Nonprofitsektors – in der Stadt Zürich.
Was verlangen die beiden Gegenvorschläge konkret?
Sie verlangen 300 Millionen Franken zusätzliches Eigenkapital für die Stiftungen PWG, Alterswohnungen, Familienwohnungen und Einfach Wohnen. Diese Stiftungen bieten denjenigen Menschen kostengünstigen Wohnraum an, die besonders dringend darauf angewiesen sind. Weiter erlauben die Vorschläge dem Stadtrat, Darlehen und Bürgschaften in eigener Kompetenz an gemeinnützige Bauträger zu vergeben, wodurch diese besser expandieren können. Der Stadtrat wird zudem aufgefordert, die aktuelle Kaufoffensive nochmals zu verstärken.