Ehrlich gesagt: Ich habe abgewogen. Soll ich der politischen Konkurrenz so viel Raum geben? Oder ist das zuviel der Ehre? Da das eigene politische Handeln – auch dasjenige von Parteien – immer in Relation zum Handeln von den politischen Mitbewerbern zu sehen ist und die „anderen“ somit durchaus von Bedeutung sind, widme ich dem Freisinn einige Zeilen. Denn was sich die Zürcher FDP derzeit leistet, gehört einmal gesagt.

Dass die FDP bei der USR lll eine heftige Schlappe eingefahren hat: Das gibt es in der Politik. Dass das Abstimmungsverhalten der FDP-Kantonsratsfraktion von ihrem eigenen Regierungsrat als „unintelligent“ betitelt wird: Geschenkt, sowas kann vorkommen. Dass die FDP sich immer wieder als Steigbügelhalterin der SVP betätigt, um dann beim nächsten Mal, wenn sie eigenständig auftritt, von dieser wüst abgekanzelt zu werden: Ein innerbürgerliches Problem, geht uns nichts an.

Was aber wirklich ein Problem ist: Der Klientelismus und der Opportunismus.

Regierungsrat Thomas Heiniger (FDP) betitelte das Abstimmungsverhalten seiner FDP-Fraktion als «unintelligent»

Regierungsrat Thomas Heiniger (FDP) betitelte das Abstimmungsverhalten seiner FDP-Fraktion als «unintelligent»

Was aber wirklich ein Problem ist: Der Klientelismus und der Opportunismus. Wir haben uns in der Budgetdebatte gefreut, dass die FDP die Leistungskürzung bei ProMobil gemeinsam mit den Linken rückgängig gemacht hat. Nur: Umgeschwenkt hat die FDP wohl nur, weil sie den Präsidenten von Pro Mobil stellt, in anderen sozialpolitischen Fragen ist keine vergleichbare Empathie vorhanden. Zudem ist die FDP massgeblich dafür verantwortlich, dass es das Abbau- und Verlagerungsprogramm Lü16 überhaupt erst gibt. Da zeigen sich auch schon die nächsten Widersprüche: Die FDP stellt den Präsidenten und den Vizepräsidenten des Gemeindepräsidentenverbands GPV. Im Kantonsrat unterstützen die beiden Herren die Spar- und Abbaupolitik. In ihrer Funktion als GPV-Vertreter beklagen sie sich dann aber über den Kanton und die Kostenverlagerungen auf die Gemeinden. Auch kein Zufall: Der GPV hat die USR lll befürwortet, aber bei der kantonalen Umsetzung Bedenken angemeldet, weil er mehr Ausgleichsgeld wollte. Und so geht es weiter: Die FDP stellt die Co-Präsidentin der kantonalen Sozialkonferenz, in der es primär um die Interessenvertretung der Gemeinden geht. Das hindert sie aber nicht daran, die von der SVP geforderte Wiedereinführung der Asylfürsorge für Vorläufig Aufgenommene zu unterstützen – um dann später zu merken, dass dies gerade für die Gemeinden ein Riesenproblem wird. Es gäbe noch weitere Beispiele…

Nochmals ehrlich gesagt: Aus staatspolitischen Gründen finde ich eine liberale Partei wichtig. Und wenn wir die Gründung des modernen Bundesstaats und dessen Weiterentwicklung betrachten, dann hat die FDP grosse Verdienste daran. Dieser Freisinn war geprägt von weitsichtigem Denken, staatstragendem Handeln und sozialer Verantwortung. Davon ist heute nicht mehr viel zu spüren. Leider. Ich würde mir wünschen, dass sich dies ändert und der Freisinn wieder zu einem verlässlichen, gradlinigen Akteur und themenbezogenen politischen Partner wird. Im Interesse des Freisinns – aber auch in unserem, linken Interesse.

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