Das passierte in der Sommersession 2025

Was haben wir diese Session die Hände verworfen und den Kopf geschüttelt! Aber wir haben auch angepackt: Für euch und mit euch haben wir die sozialdemokratischen Werte verteidigt, Schlimmeres verhindert und inmitten dieses konservativ geprägten Parlaments sogar kleine Schritte nach vorn machen können. Hier erzählen wir euch von unseren High- und Lowlights der Sommersession:

Angriff auf die Mindestlöhne

Von Céline Widmer

Die rechte Mehrheit im Nationalrat will mit einem fragwürdigen Manöver die Mindestlöhne aushebeln. Das ist ein Angriff auf die Armutsbekämpfung. FDP, Mitte und SVP machen Politik auf dem Buckel der Schwächsten: Politik gegen Working Poors, gegen Menschen, die in Tieflohnbereichen arbeiten. Ich bin immer noch wütend und war es auch bei meinem Votum, weil sich die Zustimmung bereits in der Kommission abgezeichnet hat. Die Rechten wollen offensichtlich demokratisch beschlossene Mindestlöhne, gegen die sie erfolglos in Kantonen und Gemeinden gekämpft haben, über die Bundesebene verhindern. 

Wie soll man mit weniger als 4000 Franken in Zürich oder Genf über die Runden kommen? Gerade in Städten mit hohen Lebenshaltungskosten sind Mindestlöhne ein wirksames Mittel gegen Erwerbsarmut. Deshalb gab es ja auch eine so deutliche Zustimmung in der Stadt Zürich mit 69% und in Winterthur mit 65% für den Mindestlohn. Es ist zu hoffen, dass der Ständerat diesen Frontalangriff auf den Föderalismus wieder korrigiert. Sonst bekämpfen wir diese unsoziale Politik mit dem Referendum.  

Mehr Geld für die Armee – absurd!

Von Fabian Molina

Bereits im letzten Jahr hat das Parlament den Zahlungsrahmen für die Armee massiv auf über 7,5 Milliarden Franken erhöht und damit beinahe verdoppelt. Dies hat zum massiven Abbaudruck bei allen anderen Staatsaufgaben geführt. In der Sommersession behandelten wir im Nationalrat im Rahmen der Armeebotschaft die Frage, wofür dieses Geld ausgegeben werden soll. Zwar betrachtet der Bundesrat selbst das Risiko eines konventionellen Krieges weiterhin als unrealistisch. Dennoch will er von den mit dem Rüstungsprogramm 1,5 Milliarden beantragten Franken mehr als zwei Drittel für Artillerie und Panzer ausgeben. Die Sicherheitspolitische Kommission wollte noch eine Milliarde für Munition obendrauf schlagen. Diesen völlig unnötigen und nicht gegenfinanzierten Schnellschuss konnten wir im Nationalrat zum Glück verhindern. Ansonsten unterlagen wir allerdings leider mit allen unseren Anträgen, die darauf abzielten, dass sich die Schweiz an den realistischen Bedrohungsszenarien orientiert. Hybride Formen der Kriegsführung durch Cyberangriffe, Spionage und Desinformation sind eine Realität. Ebenso das Risiko von Luftangriffen, wie etwa durch Drohnen. In den Bereichen unser Land leider extrem schlecht vorbereitet.

Ein klares NEIN zur Halbierungsinitiative Mindestlöhne

Von Min Li Marti

Wir erleben eine Medienkrise. Regelmässig treffen Hiobsbotschaften ein. So wie beispielsweise letzte Woche, als 20 Minuten verkündete, dass sie ihre Printausgabe einstellen, 80 Stellen sind betroffen. Es ist nur eine von vielen solchen Nachrichten. Gleichzeitig sind weltweit autokratische Regimes auf dem Vormarsch. Die Ursache der Medienkrise sind vielfältig. Die herkömmlichen Geschäftsmodelle funktionieren nicht mehr, und die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten haben sich gewandelt. Dahinter stehen die technologische Entwicklung und der Aufstieg der Plattformen der amerikanischen Tech-Giganten, die den Medien sowohl die Werbegelder wie auch die Aufmerksamkeit der Menschen entziehen. Weil diese Plattformen keine publizistische Verantwortung übernehmen, sind dort allerlei Informationen zu finden: Von guten Inhalten bis zu Fake News und Manipulationen. Eigentlich müsste man zu so einer Zeit die SRG stärken und nicht schwächen. Denn die dem Service public verpflichteten Medien sind Garanten dafür, dass es sowohl einen kritischen Journalismus als auch eine Plattform für den kritischen Diskurs gibt. Die Halbierungsinitiative, die von der SVP und libertären Kreisen getragen wird, tut vordergründig so als ob sie der SRG nicht schaden wolle und nur wolle, dass diese sich auf das Wesentliche beschränke. Nur: In einem viersprachigen Land ist dies nicht mit der Hälfte der Mittel machbar, zumal die SRG explizit auch den Auftrag hat, Kultur, Sport und Unterhaltung anzubieten. Die SP hat einen Gegenvorschlag vorgeschlagen mit einer Finanzierung über die Mehrwertsteuer, der die meisten Haushalte sowie die Unternehmen massiv entlastet hätte, ohne der SRG Substanz zu entziehen. Dass das Parlament die Idee nicht weiter prüft, zeigt, dass es nicht um die Entlastung der SRG, sondern um die Schwächung der SRG geht. Die Halbierungsinitiative bewegte auch die Zürcher SP-Delegation sehr, die sich zahlreich an der Debatte beteiligte.

Wortmeldungen der Zürcher Delegation: Min Li Marti, Priska Seiler Graf, Fabian Molina, Anna Rosenwasser

Endlich ein gerechtes Steuersystem!

Von Céline Widmer

Was für ein Erfolg! Mit 101:93 Stimmen hat der Nationalrat, mit 22:21 Stimmen der Ständerat die Umsetzung der Individualbesteuerung angenommen. Jede:r Erwachsene soll unabhängig von Zivilstand und Geschlecht gleich behandelt werden. Unser heutiges Steuersystem ist ungerecht und benachteiligt Frauen. Trotzdem hätte bis vor kurzem niemand drauf gewettet, dass wir im Parlament eine mehrheitsfähige Lösung finden. Doch wir Frauen von SP, Grünen, GLP und FDP haben es geschafft, einen Kompromiss zu finden, der die progressiven Kräfte vereint. Das heutige Steuersystem ist nicht nur ein Relikt vergangener Rollenbilder, es schafft auch reale Benachteiligungen für Frauen, wie ich auch in der Arena aufgezeigt habe. Deshalb ist die Individualbesteuerung ein wichtiges Puzzleteil auf dem Weg zur echten Gleichstellung. SVP und Mitte wehren sich mit aller Kraft dagegen und behaupten, die Individualbesteuerung sei ein «Frontalangriff auf die Ehe und die Familie». Sie wollen die Heiratsstrafe abschaffen mit einem konservativen, teuren Modell, das die Gleichstellung nicht fördert. Deshalb haben sie bereits das Referendum angekündigt.

Frontalangriff auf den Zivildienst!

Von Priska Seiler Graf

Für den Zivildienst war diese Session ein absoluter Tiefpunkt. Gleich drei Vorlagen wurden beraten, welche den Zivildienst massiv schwächen werden:

  1. Änderung des Zivildienstgesetzes: Mit sechs Massnahmen sollen die Hürden für den Übertritt von der Armee in den Zivildienst erhöht werden, weil die Armeebestände angeblich durch den Zivildienst gefährdet seien. Das ist aber nachweislich falsch: Die Armee hat sogar einen gesetzeswidrigen Überbestand beim Effektivbestand. Diese schikanösen Massnahmen mit Strafcharakter werden auch kaum mehr junge Männer in die Armee bringen, es wird dann einfach wieder vermehrter der „blaue Weg“ der medizinischen Ausmusterung gewählt werden. Über diese 6 Massnahmen hat der Nationalrat übrigens 2020 schon mal abgestimmt. Damals würde die Gesetzesänderung abgelehnt. Aber seit Ausbruch des Ukraine-Krieges sind Angriffe auf den Zivildienst leider mehrheitsfähig geworden. Dabei vermittelt der Zivildienst wichtige Lebenserfahrungen, erfüllt wertvolle soziale, ökologische und kulturelle Aufgaben und stärkt den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Trotzdem wird die Vorlage leider klar angenommen.
  2. Wiedereinführung der Gewissensprüfung: Ein Postulat aus der SiK-N, welches die Wiedereinführung der Gewissensprüfung verlangt, erhält ebenfalls eine klare Mehrheit. Und dies, obwohl die Gewissensprüfung in der Vergangenheit nichts gebracht hat und deswegen abgeschafft wurde. Sie war viel zu aufwändig und teuer, und über 90% bestanden sie.
  3. Sicherheitsdienstpflicht: Sowohl der National- wie auch der Ständerat stimmen den Motionen aus ihren sicherheitspolitischen Kommissionen zu, welche die sofortige Zusammenlegung des Zivildienstes und Zivilschutzes zu einem Katastrophenschutz verlangen. Dies käme einer faktischen Abschaffung des Zivildienstes gleich.

Zwei Schritte für mehr Selbstbestimmung

Von Islam Alijaj

In der Sommersession konnten wir zwei wichtige Erfolge für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen erzielen. Erstens hat der Nationalrat die Motion zur Übernahme der Kosten für Gebärdensprachdolmetschende im Gesundheitsbereich angenommen. Ein längst überfälliger Schritt: Der Zugang zu medizinischer Versorgung darf keine Frage der Verständigung sein. Menschen, die auf Gebärdensprache angewiesen sind, müssen sich beim Arzt, der Ärztin oder im Spital verständigen können – und zwar barrierefrei und ohne finanzielle Hürde.

Zweitens haben wir uns bei der Reform der Ergänzungsleistungen (EL) erfolgreich für mehr Selbstbestimmung im Alltag eingesetzt. Die SP-Fraktion begrüsst besonders die neuen Leistungen für Hilfe und Betreuung zuhause. Gleichzeitig kritisieren wir, dass psychosoziale Bedürfnisse in der Bedarfsabklärung weiterhin nicht verbindlich berücksichtigt werden. Fortschritte sehen wir bei der Flexibilität: Neu können auch Menschen, die zwischen Heim und eigenem zuhause wechseln, Unterstützung erhalten – ein sozialpolitisch wie wirtschaftlich sinnvoller Kompromiss.

Beide Geschäfte zeigen: Es braucht Druck aus der Behindertenbewegung und progressive Mehrheiten im Parlament, um echte Gleichstellung voranzutreiben. Dafür setzen wir uns weiter ein.

Wortmeldung von Islam Alijaj

Es braucht ein JA zur Klimafonds-Initiative

Von Mattea Meyer

Die Klimakrise schreitet in beängstigend schnellen Schritten voran –  2024 war das wärmste je gemessene Jahr, der vergangene Mai der zweitwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Was das bedeutet, sehen wir an schmelzenden Gletschern und auftauendem Permafrost in den Alpen, Dürreperioden im Mittelland, Hitzewellen in den Städten. Sie ist nicht ein individuelles Problem, das wir mit unserem eigenen Verhalten alleine lösen können. 

Wir haben jetzt gemeinsam die Jahrhundertaufgabe vor uns, Wirtschaft und Gesellschaft so ökologisch und sozial zu gestalten, dass dieser Planet auch für zukünftige Generationen lebenswert ist. Dank der Klimafonds-Initiative der SP und Grünen stellen wir mit öffentlichen Investitionen die Schweiz auf erneuerbare Energien um, fördern die Biodiversität und schaffen Versorgungssicherheit. 

Leider hat es eine Mehrheit des Nationalrats verpasst, den Ernst der Lage anzuerkennen. Doch eines ist klar: Wenn wir jetzt nichts unternehmen, sondern alles auf irgendwann in der Zukunft verschieben, kostet das uns und unsere Kinder noch viel mehr. Das letzte Wort wird die Stimmbevölkerung haben, die bereits Ja zu den Klimazielen gesagt hat. Die Klimafonds-Initiative leistet einen konkreten Beitrag dazu, dass wir als Schweiz diese Ziele rechtzeitig schaffen.

Wortmeldungen der Zürcher Delegation: Mattea Meyer, Priska Seiler Graf, Céline Widmer, Anna Rosenwasser

Wir grüssen euch aus dem Zug von Bern nach Zürich und versprechen: Wir bleiben dran!

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