Das war die Wintersession 2023

Der Rückblick unserer Bundeshausdelegation auf die Wintersession 2023.

Was für ein toller Start in die Legislatur: In einer dank erfolgreichen Wahlen gestärkten SP-Fraktion und mit einer grösseren Zürcher Delegation. Wir sind überglücklich, dass Islam Alijaj und Anna Rosenwasser nun Teil unserer Delegation sind. Wir möchten euch auch in dieser Legislatur jeweils unmittelbar nach den Sessionen in einem gemeinsamen Newsletter über wichtige Geschäfte in National- und Ständerat, über unsere Erfolge und – das lässt sich leider nicht vermeiden – auch Niederlagen berichten.

Wichtige Erfolge gegen SVP und FDP

Das Parlament ist leider nach rechts gerückt, trotzdem ist es uns gelungen, in verschiedenen wichtigen Geschäften die Angriffe der SVP und FDP auf eine solidarische und ökologische Schweiz abzuwenden. Die Abstimmungen sind oft sehr knapp ausgefallen, aber wir haben es geschafft, mitte-links erfolgreich zusammenzuhalten. So gelang es uns zum Beispiel, im CO2-Gesetz die Auslandkompensation zu verringern und damit diesem Ablasshandel Einhalt zu gebieten. Und bei der Neuwagenflotte und den Lastwagen konnten wir eine griffige, an den EU-Standards ausgerichtete Absenkquote verankern. 

Bei der Beschleunigungsvorlage für Projekte zum Ausbau der erneuerbaren Energien wollten SVP und FDP allen Ernstes das AKW-Neubauverbot aufheben. Weil SP, Mitte, Grüne und GLP geschlossen dagegen stimmten, konnten wir die Aufweichung des absoluten Moratoriums für den Bau neuer Atomkraftwerke mit 100 zu 90 Stimmen bei 5 Enthaltungen verhindern. Ein wichtiger Erfolg, der die rechte Parlamentsseite mächtig ärgert. 

Absurde Asyl-Debatte ausgebremst

Noch knapper war es bei den Asyl-Themen. Die SVP wollte mit einer ausserordentlichen Session ihr geliebtes Asylchaos beschwören und unserer Bundesrätin alles auch nur Denkbare vorwerfen wird. Die FDP wollte ihre «hart aber fair»-Fahne hochhalten und lässt sich inhaltlich praktisch nicht mehr von der SVP unterscheiden. SVP und FDP wollten tatsächlich erreichen, dass Afghaninnen kein Asyl mehr erhalten in der Schweiz! Das ist an Unmenschlichkeit kaum noch zu überbieten und mit der humanitären Tradition der Schweiz schlicht nicht mehr zu vereinen. Wer, wenn nicht afghanische Frauen, soll denn überhaupt noch Schutz erhalten in der Schweiz?! 

Doch mit einem geschickten Schachzug haben wir den rechten Parteien einen Strich durch die Rechnung gemacht: mit einem Ordnungsantrag konnten wir die Debatte innert wenigen Minuten beenden, die ausserordentliche Asyl-Session war vom Tisch. Auch bei mehreren anderen asylpolitischen Geschäften konnten wir Entscheide aus dem Ständerat im Nationalrat korrigieren: Der Nationalrat versenkte etwa die FDP-Idee für ein Pilotprojekt zur Auslagerung des Asylverfahrens in einen Drittstaat. Ganz wichtig war auch der Entscheid gegen die Aussetzung des Resettlement-Programms. 

Investitionen in die Zukunft

Die Wintersession steht traditionell auch im Zeichen der Budget-Debatte. Trotz rekordtiefer Schuldenquote der Schweiz zwingt die rigide Ausgestaltung der Schuldenbremse die Eidgenossenschaft zum Schuldenabbau. Das verhindert wichtige Investitionen in die Zukunft wie den Klimaschutz oder die Gleichstellung. Gleichzeitig geraten die Entwicklungszusammenarbeit oder die Bildung unter Spardruck. 

Unter grossem Einsatz konnten wir den bereits vom Parlament beschlossenen Anstieg der Armeeausgaben bis 2035 staffeln und eine absurde Kürzung bei der humanitären Hilfe für die notleidende Zivilbevölkerung in Gaza verhindern. Finanzpolitisch bleibt die Situation aber sehr schwierig.

Sexismus ist kein Kavaliersdelikt

Die gleichlautenden parlamentarischen Initiativen von Sibel Arslan (Grüne), Kathrin Bertschy (GLP), Marianne Binder (Mitte), Liliane Studer (EVP), Jacqueline de Quattro (FDP) und Min Li Marti (SP) fordern, dass Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts in Art. 261 bis Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Siehe dazu auch das Votum von von Min Li Marti als Sprecherin der Kommission. 

Solche Aufrufe sind bereits strafbar, wenn sie gegen Personen gerichtet werden aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung. Neu soll nach den Willen der Initiant:innen auch das Geschlecht dort verankert werden. Denn immer wieder werden Personen aufgrund des Geschlechts oder der Geschlechtsidentität mit Hassrede konfrontiert – gerade auch in den sozialen Medien. Ein besonders stossender Fall waren jene Fussballfans des FC Schaffhausens, die mit einem Transparenz an einem Fussballmatch dazu aufgerufen haben, die Frauen aus Winterthur zu verprügeln und zu vergewaltigen. Diese wurden vor Gericht freigesprochen. 

Der Nationalrat hat diesen Initiativen mit grosser Mehrheit zugestimmt. Im Ständerat hat die vorberatende Kommission die parlamentarischen Initiativen allerdings knapp abgelehnt. Es braucht also noch etwas Überzeugungsarbeit.  

Europa-Politik: Es geht was

Während der laufenden Session hat der Bundesrat den Entwurf für ein Verhandlungsmandat für die künftigen Beziehungen der Schweiz mit der EU verabschiedet. Dieser Entwurf wird Anfang des nächsten Jahres nun mit den Aussenpolitischen Kommissionen und den Kantonen konsultiert. 

Für uns ist klar: Es ist richtig und wichtig, dass nach dem Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen endlich ein neuer Vorschlag zur Vertiefung der Beziehungen mit Europa vorliegt. Gleichzeitig ist der Vorschlag des Bundesrates wenig ambitioniert und klammert wichtige Bereiche der europäischen Kooperation aus. Auch beim Lohnschutz braucht es noch Präzisierungen in den Konsultationen. Insgesamt sind wir aber optimistisch, dass es bei der europäischen Integration im neuen Jahr endlich einen Schritt vorwärts geht.

Reform der Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen

Ambulante und stationäre Leistungen werden heute unterschiedlich finanziert. Die Kantone finanzieren Leistungen im stationären Bereich zu mindestens 55 Prozent, die Krankenversicherer übernehmen höchstens 45 Prozent. Die Leistungen im ambulanten Bereich werden zu 100 Prozent von den Krankenversicherern vergütet. Das heisst, die Steuerzahlenden beteiligen sich bei den stationären Leistungen, wohingegen die ambulanten Leistungen vollumfänglich über die Prämiengelder gedeckt werden. 

Die Reform EFAS, Einheitliche Finanzierung von Ambulanten und Stationären Leistungen, will dies nun ändern und einen gleichen Finanzierungsschlüssel für alle Leistungen einführen. Die Kantone sollen mit dieser Reform nun neu für mindestens 26,9 Prozent und die Krankenversicherer über die Prämien höchstens für 73,1 Prozent der Leistungskosten aufkommen – unabhängig davon, ob diese im Spital oder ambulant erbracht werden. 

Damit sollen Fehlanreize bei den Behandlungen beseitigt werden. Zudem werden neu auch die Pflegeleistungen über diesen einheitlichen Kostenteiler finanziert. Dafür müssen Tarife vorliegen, die auf einer einheitlichen, transparenten Kosten- und Datenbasis beruhen sowie die Kosten decken. Die SP-Fraktion hat das Geschäft mehrheitlich unterstützt. 

Historisches Jahr für die Behindertenbewegung

Dieses Jahr war ein historisches Jahr für die Behindertenbewegung. Mit der ersten Behindertensession im Bundeshaus, mit der Lancierung der Inklusionsinitiative und mit der Wahl von drei Nationalräten mit Behinderungen haben Menschen mit Behinderungen gezeigt, dass sie nicht mehr auf echte Teilhabe warten wollen. Die Politik muss jetzt handeln. 

Wer nicht gehandelt hat, sind die Verkehrsbetriebe in der Schweiz. Das Behindertengleichstellungsgesetz hat ihnen 20 Jahre Zeit gegeben, um ihre Infrastruktur und Fahrzeuge barrierefrei umzubauen. Die Frist läuft Ende dieses Jahr aus und der öffentliche Verkehr ist noch nicht barrierefrei nutzbar. Was das für den Alltag bedeutet, wenn man den öV nicht autonom benutzen kann, kann man sehr eindrücklich im Portrait des Blicks lesen

Um den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen, hat Islam Alijaj seinen ersten Vorstoss dieser gesetzeswidrigen Situation gewidmet. In einer Motion fordert er vom Bundesrat, dass die Reisekosten für Inhaber:innen eines SBB-Begleitabos und deren Begleitperson von den Herausgebern des Generalabonnements übernommen werden müssen. Es ist ein kleiner Schritt in Richtung einer progressiven Behindertenpolitik. 

Lockerung der Waffenexportregeln

Die Bürgerlichen haben die Gunst der Stunde genutzt, um die Regeln bei der Ausfuhr von Kriegsmaterial wieder zu lockern. Vor rund zwei Jahren wurde der Gegenvorschlag zur Korrekturinitiative beschlossen. Damit sollte verhindert werden, dass Schweizer Kriegsmaterial an Bürgerkriegsländer oder an Länder geliefert wird, die Menschenrechte systematisch verletzen – wie beispielsweise Saudi-Arabien oder die Golfstaaten. Der Rüstungsindustrie und der Ratsrechten waren diese Regeln von Anfang an ein Dorn im Auge.

Jetzt haben National- und Ständerat eine Motion überwiesen, die diese Errungenschaften wieder rückgängig machen sollen. Dies alles geschieht unter dem Deckmäntelchen des Konfliktes in der Ukraine. Allerdings nützen diese Lockerungen der Ukraine nichts, wie auch Priska Seiler Graf in ihrem Votum klar ausführte. Die Frage der Wiederausfuhr ist noch nicht geregelt und wird immer noch in der Kommission behandelt. Die SP behält sich vor, gegen diese Lockerungen das Referendum zu ergreifen.

Zum Abschluss der Session fand in Basel die Feier unsres neuen SP-Bundesrats statt. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Beat Jans und dass der Bundesrat jetzt wieder ein Mitglied aus einer urbanen Region hat. 

Euch wünschen wir von Herzen schöne und erholsame Festtage!

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Min Li Marti

Min Li Marti

Nationalrätin

Mattea Meyer

Mattea Meyer

Nationalrätin und Co-Präsidentin SP Schweiz

Céline Widmer

Céline Widmer

Nationalrätin

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