Das passierte in der Wintersession 2025

Wintersession ist Budgetsession, und aus Zürcher Sicht gab es einigen Anlass zu Euphorie und Frust. Hier fassen wir euch zusammen, woran wir im Bundeshaus gearbeitet haben.

Nationalrat genehmigt endlich Geld zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen

Von Anna Rosenwasser

Nach massivem öffentlichen Druck hat der Nationalrat beschlossen, zusätzliche Gelder für die Bekämpfung von Gewalt an Frauen bereitzustellen – eine wichtige Korrektur zu einem kürzlichen Entscheid, der die Mittel gestrichen hatte. Eine kurzfristig erfolgreich organisierte Demo auf dem Bundesplatz sowie unser Appell mit über 500 000 Unterstützenden haben klar gemacht, dass Frauenleben Priorität haben müssen und nicht marginalisiert werden dürfen. Trotz dieses Erfolgs bleibt die Lage ernst – in diesem Jahr wurden bereits 27 Frauen Opfer von Femiziden in der Schweiz, und die SP plant nun eine Volksinitiative, um Gewalt an Frauen endlich konsequent und wirksam zu bekämpfen. 

Bemerkenswert war die mediale Reaktion auf diesen Erfolg: Anstatt über Gewalt an Frauen und/oder die Kraft von Kollektiven und Solidarität zwischen aussenparlamentarischen und parlamentarischen Kräften zu berichten, fokussierten viele Medienschaffende auf die Formen des Protests. Wir lassen uns durch diese Ablenkungsstrategie die Freude an unserem gemeinsamen Erfolg nicht nehmen und konzentrieren uns auf das Ausarbeiten weiterer Schritte!

Fortschritte und Rückschläge in der Wintersession

Von Islam Alijaj

Die Wintersession brachte wichtige Fortschritte, hinterlässt aber auch eine klare Enttäuschung. Ein zentraler Erfolg ist das neue Einigungsverfahren bei monodisziplinären IV-Gutachten. Künftig müssen widersprüchliche medizinische Einschätzungen verbindlich geklärt werden, bevor Entscheide gefällt werden. Das stärkt die Fairness der Verfahren und erhöht die Rechtssicherheit für Menschen mit Behinderungen deutlich. Erfreulich ist zudem die Annahme der Motion Ryser, welche KMU gezielt unterstützt, und Innovation fördert. Gerade in einem wirtschaftlich anspruchsvollen Umfeld ist dies ein wichtiges Signal für Wettbewerbsfähigkeit, nachhaltige Wertschöpfung und sichere Arbeitsplätze in der Schweiz. Enttäuschend bleibt hingegen der Entscheid zur Kita-Vorlage: Zwar wurde das Modell der Betreuungsfaktoren bestätigt, doch der dringend notwendige dreifache Betreuungsfaktor für Kinder mit Behinderungen wurde abgelehnt. Damit bleibt es bei einer unzureichenden Lösung, welche den realen Betreuungsmehraufwand vieler Familien weiterhin nicht angemessen berücksichtigt.

Kita-Gesetz: Familienpolitischer Fortschritt dank SP

Von Min Li Marti

In dieser Session wurde das Kita-Gesetz endgültig verabschiedet. Das Gesetz ist ein indirekter Gegenvorschlag zu unserer Kita-Initiative. Aus SP-Sicht kann man mit dem Gesetz nicht vollständig zufrieden sein. Es nimmt zwei wichtige Punkte aus der Kita-Initiative nicht auf, nämlich die Frage der Arbeitsbedingungen und die der Qualität. Wir bedauern, dass nicht mal mehr die Frage der Qualität im Gesetz geblieben ist, wie dies die Fassung des Nationalrats noch vorgesehen war und ich auch in meinem Votum gesagt habe. Dennoch ist das Gesetz ein entscheidender Fortschritt: Die Einführung der Betreuungszulage soll die finanzielle Belastung der Eltern um zwanzig Prozent senken und nimmt auch die Arbeitgeber in die Pflicht. Sie ist damit ein wichtiges familienpolitisches Mittel und stärkt die Kaufkraft von Familien, sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Ohne den Druck durch die Kita-Initiative wäre es wohl nicht gelungen, ein entsprechendes Gesetz durch beide Räte zu bringen.

Asylpolitik im Rechtsrutsch – und was das für den Opferschutz bedeutet

Von Céline Widmer

Es ist offenbar einfacher, Stimmung gegen Migrant:innen zu machen, als zusätzliche Ressourcen für den Kampf gegen Gewalt an Frauen und für mehr Opferschutz zu sprechen. In der Asylpolitik werden Extrempositionen Schritt für Schritt zur Normalität. Mittlerweile sind Forderungen der SVP mehrheitsfähig, die vor wenigen Jahren noch ausserhalb der rechtspopulistischen Ecke undenkbar waren– fremdenfeindliche Vorstösse, die im Widerspruch zu internationalen Konventionen stehen und zudem völlig praxisfern sind. Dass sich die FDP den Rechtspopulisten anbiedert, ist bekannt. Neuer ist, dass dieses Spiel auch Mitte und sogar die GLP mitmachen, wie ich ihnen klar vorgehalten habe.

Symptomatisch für diese asylpolitische Verschiebung nach rechtsaussen: Die Beerdigung der parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen» nach fünf Jahren Beratung. Wir wollten damit erreichen, dass Menschen ohne Schweizer Pass, die unverschuldet in Armut geraten, ihren Aufenthaltsstatus nicht verlieren dürfen. Obwohl sowohl National- und Ständerat die Initiative 2023 gutgeheissen haben und sich in der Vernehmlassung eine Mehrheit für die vorgeschlagene Umsetzung ausgesprochen hat, versenkte der Nationalart dieses wichtigen Anliegens heute definitiv.

Immerhin ein Lichtblick. Dank grossem Einsatz in der Kommission und im Rat haben wir es geschafft, dass der Nationalrat einen SVP-Vorstoss, der medizinische Leistungen für Asylsuchende und Sans-Papiers massiv einschränken wollte – und damit nicht nur für die Betroffenen verheerend wäre, sondern auch die öffentliche Gesundheit gefährden würde – gegen die Stimmen von SVP und FDP knapp abgelehnt hat.

SP sorgt auch bei der Mutterschaftsversicherung für Fortschritte

Von Min Li Marti

2019 habe ich eine Motion eingereicht, die die Einführung einer Betriebszulage für selbständig Erwerbende in der Mutterschaftsversicherung forderte. Dabei geht es darum, dass selbstständig Erwerbende Mütter im Falle einer Mutterschaft auch im Mutterschaftsurlaub Betriebskosten haben, die nicht kompensiert werde (zum Beispiel die Geschäftsmiete). Beim Militär wird das mit einer Betriebszulage abgegolten, ich wollte hier die Mütter mit den Soldaten gleichstellen. Aus der gleichen Logik hat SP-Ständerätin Eva Herzog einen Vorstoss eingereicht, um die maximalen Tagessätze von Militär und Mutterschaftsversicherung anzugleichen. Beide Vorstösse wurden im Rahmen einer Revision der Erwerbsersatzordnung (EO) jetzt erfüllt. Dank dem Einsatz von SP-Fraktionspräsidentin Samira Marti kommt noch ein weiterer wichtiger Fortschritt dazu: Der Mutterschaftsurlaub wird bei Spitalaufenthalt bei einer Frühgeburt verlängert. Heute ist das zwar der bereits der Fall, die Frist endet aber nach 56 Tagen.  In ihrem berührenden Votum schildert Samira Marti den Fall einer Mutter, deren Kind in der 23. Schwangerschaftswoche zur Welt kam und darum monatelang im Spital bleiben musste.

Lieber eine «Lex Rüstungsindustrie» als der Ukraine helfen

Von Priska Seiler Graf

Nach dem Beginn des brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, bekam die Schweiz schon bald Anfragen aus Deutschland, Dänemark und Spanien, ob diese Länder Kriegsmaterial, das sie schon vor vielen Jahren in der Schweiz gekauft hatten, in die Ukraine liefern könnten. Der Bundesrat lehnte diese Anfragen allesamt ab und führte Neutralitätsbedenken ins Feld. Die Schweiz stand durch diesen unverständlichen Entscheid zunehmend mit dem Rücken zur Wand und wurde als unsolidarisch wahrgenommen. Eine Koalition von SP bis FDP wollte dies nicht so hinnehmen und arbeitete an einem Vorschlag, welcher das Kriegsmaterialgesetz (KMG) in einem ganz kleinen Bereich öffnen sollte, damit Wiederausfuhren in die Ukraine möglich sein können, gestützt auf die UNO-Charta. Unter diesen Umständen – und wirklich nur unter diesen – war die SP bereit, das KMG ein kleines Stück zu öffnen. Der Vorschlag, den Stefan Brupbacher von swissmem nun den Bürgerlichen vordiktiert hat, ist aber meilenweit entfernt von dem, was diese «Koalition der Willigen» ursprünglich wollte: Wir öffnen das KMG nun in geradezu obszöner Art und Weise, der Ukraine soll aber explizit nicht geholfen werden. Die Nicht-Wiederausfuhrerklärung soll grundsätzlich abgeschafft werden. Und in Zukunft sollen direkte Waffenlieferungen selbst dann in Länder des Anhang 2 der Kriegsmaterialverordnung möglich sein, wenn sie sich in einem bewaffneten Konflikt befinden.

Die bürgerliche Mehrheit hat das Kriegsmaterial-Exportkontrollregime faktisch aufgehoben. Das ist ein klarer Bruch mit der humanitären Tradition der Schweiz. Diese Revision ist eine reine Lex Rüstungsindustrie. Sie nützt einzig den Waffenherstellern, schwächt die Neutralität und macht die Schweiz mitverantwortlich für Leid und Gewalt in Krisenregionen. Waffen dürfen jetzt also an Länder wie Saudiarabien oder den VAE weitergegeben werden, aber ausdrücklich nicht an die Ukraine. Diese Vorlage gefährdet die Glaubwürdigkeit der Schweiz. Darum werden wir gemeinsam mit einem breiten Bündnis das Referendum ergreifen! Hier findest du die Voten von Fabian Molina und dasjenige von mir.

Kein besserer Schutz von Frauen und queeren Menschen in der Schweizer Armee

Von Fabian Molina

Letztes Jahr veröffentlichte die Schweizer Armee einen Studienbericht, der weit verbreitete Diskriminierung und sexualisierte Gewalt aufzeigt und zum Schluss kommt, dass dies als strukturelles Problem der Armeekultur zu verstehen ist. Obwohl die Armee einen Massnahmenplan angekündigt hat, fehlen darin verbindliche gesetzliche Regelungen zur Verantwortlichkeit. Mit einer parlamentarischen Initiative forderte Fabian deshalb, die Armee gesetzlich zu einer Fürsorgepflicht analog zur Privatwirtschaft zu verpflichten, um die psychische und physische Gesundheit sowie die Menschenwürde der Dienstleistenden zu schützen. Die Verantwortung für diese systemischen Menschenrechtsverletzungen darf nicht auf die Kommandanten abgeschoben werden. Der Staat trägt die Verantwortung, dass ein Wandel hin zu einer diskriminierungsfreien Armee Realität wird – sowohl für die Betroffenen als auch für die Einsatzfähigkeit und Glaubwürdigkeit des Militärs. Leider wurde der Vorstoss abgelehnt. Mein Votum dazu findest du hier.

Als Letztes noch ein Hinweis: Es sind die letzten Tage, in denen du das Nein zur Verschärfung des Zivildienstes unterschreiben kannst!

Wir begeben uns jetzt in hoffentlich etwas erholsamere Feiertage. Mattea hat sich entschieden, diese Session auszusetzen. Wir wünschen ihr weiterhin die nötige Ruhe!

Herzlich,

Fabian, Min Li, Priska, Daniel, Islam, Anna und Jacqueline

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